Ein Pantheon des Risorgimento (Risorgimento: Bezeichnung für die italienischen Einigungsbestrebungen)
Die prachtvolle achteckige Halle, die das Zentrum der Villa bildet, ist heute wieder zu ihrer ursprünglichen Bestimmung als monumentaler Saal des Museums par excellence zurückgekehrt. Schon zu Lebzeiten sprach der Bildhauer Vincenzo Vela von dem Raum als einem «Salone pei modelli» (Salon für die Modelle), denn es war sein Wunsch, hier eine permanente Ausstellung der Gipsmodelle seiner Hauptwerke einzurichten. Man könnte das Oktogon jedoch ebenso als ein «Pantheon des Risorgimento» bezeichnen - eine durchaus gerechtfertigte Benennung, da die hier versammelten Werke allesamt dazu berufen waren, die herausragenden Persönlichkeiten und Ereignisse jenes Zeitalters der italienischen Geschichte zu feiern, das zur nationalen Einheit geführt hat.
Dieses Werk stellte eine grossartige Gelegenheit für den Künstler dar, sich mit dem wichtigsten Paradigma der Monumentalskulptur zu messen: dem Reiterstandbild. Vela fertigte dieses riesige Modell trotz der Streitigkeiten und Missverständnisse mit seinem Auftraggeber an, der Stadt Genf nämlich, aber das Werk wurde nie in Stein bzw. Marmor ausgeführt. Dennoch veranschaulicht es in grossartiger Weise das weitläufige Bemühen Velas hinsichtlich des Mausoleums Braunschweig in Genf.
Pferd und Reiter - der letzte Herzog des Hauses Braunschweig (1804-1873) - waren als krönender Abschluss der neugotischen Architektur des Mausoleums gedacht und sollten auf einem rechteckigen Sockel von 16 Metern Höhe stehen.
Nicht ausgeführt
Hierbei handelt es sich um das erste italienische Denkmal zu Ehren des piemontesischen Staatsmannes (1810-1861), den der Bildhauer während der Jahre seines Aufenthalts in Turin kennen gelernt hatte. Als Cavour jedoch unvermittelt kurz nach der Einheit Italiens verstarb, wurde dieses Standbild im Auftrag der Warenbörse von Genua angefertigt. Es stellt den Grafen in einem Sessel, in bürgerlichen Gewändern dar, seine Haltung scheint sowohl Scharfsinn als auch Nachdenklichkeit auszudrücken - Eigenschaften, die sehr gut zu der Stellung und der Persönlichkeit des Ministers passen. Das Werk ist zudem eine überzeugende Deklaration hinsichtlich des politischen und wirtschaftlichen Programms von Cavour, der ein Förderer des «Freien Handels» (man beachte das Aktenbündel in seiner Hand) im Königreich Sardinien war.
Marmor, 1863, im Jahre 1942 zerstört (ehemals Genua, Borsa Merci)
Vela fertigte diese monumentale Statue des Königs von Sardinien - ab 1861 auch König von Italien - als Auftragsarbeit für den Stadtrat von Turin an.
Die Haltung des piemontesischen Herrschers (1820-1878) drückt eine eiserne Gesinnung aus, Säbel und Landkarte von Italien liegen fest in seinen Händen, als sei hier eine programmatische Deklaration dargestellt, welche die zur Einheit führende Entwicklung des Risorgimento bereits in sich trägt. Tatsächlich sind Velas Porträts, obschon sie monumentalen Massstäben und Wertigkeiten entsprechen, niemals auf eine rein naturalistische Abbildung des Modells beschränkt, sondern gehen darüber hinaus, um auch allegorische Inhalte zu vermitteln.
Marmor, 1865, Turin, Vorhalle des Palazzo di Città
Dieses Garibaldi ist Vincenzo Velas letztes Monumentalwerk. Noch am Ende seiner Laufbahn nahm er das Standbild in Angriff, um es nur zwei Jahre vor seinem Tod zu beenden. Dennoch zeigte der Bildhauer durchaus keine Anzeichen von Müdigkeit, vielmehr modellierte er die Figur eines Helden des Risorgimento, die vor Energie und Kraft zu strotzen scheint und zu den schönsten Bildnissen Garibaldis gehört, die auf hunderten Plätzen in ganz Italien errichtet wurden. In seinen malerischen südamerikanischen Poncho gekleidet, mit gezogenem Säbel, wird Garibaldi (1807-1882) hier mit einem ungezähmten und finsteren Ausdruck gezeigt, der seine innere Leidenschaft widerspiegeln sollte, gleichzeitig jedoch auch seine persönliche Enttäuschung hinsichtlich des Verfalls der Ideale des Risorgimento.
Bronze, 1889, Como, Piazza della Vittoria